Veröffentlicht am 11. Dezember 2003 in Real Life Kommentare deaktiviert

Die c’t hatte ganze zwei Seiten dafür übrig, und der lustig-peinliche Auftritt in der Glotze (mit Muffin-gefülltem Mund vorlesen, gutes Benehmen habe ich so nicht gelernt) war der Brüller auf den letzten Festivitäten hier. Die Sache selbst, zu gern hätte ich sie unter „Lehrgeld“ verbucht…

Doch jetzt landet’s doch noch vor’m Kadi. Gerichte werden also jetzt von echten Problemen abgehalten wegen meiner momentanen 0,00036 Prozent Negativbewertung (und die auch noch berechtigt, wie nicht nur c’t, Freunde und ich, sondern auch mein Anwalt denken). Geschäftsschädigung? Lächerlich, da schädigt sich jemand nur selbst. Aber wenn das für den Kläger so gut läuft, wie das Interview mit der c’t, dann brauche ich mir ja keine Sorgen zu machen. Als ob auch ich nicht schon genügend andere hätte.

So ist’s Leben,
Thorsten

Update [KW 06/2004]:
Die heutige mündliche Verhandlung war ziemlich eindeutig. Alle fassen sich an den Kopf ob dieser Zeitverschwendung und es geht in der Sache nur um Meinungsfreiheit, ganz unabhängig vom zugrunde liegenden Ereignis, und die muss gewahrt bleiben und hat Vorrang vor Empfindlichkeiten des Gewerbetreibenden. Das hat zehn Minuten oder so gedauert, Urteil gibt’s in einigen Wochen.

Update [KW 09/2004]:
So, das war’s dann hoffentlich. Klage abgewiesen. In Folge das Urteil und dessen Begründung. Ist diese Farce damit endlich durchgestanden?


Amtsgericht Oldenburg (Oldb)
Verkündet am: 26.02.2004

Im Namen des Volkes
Urteil

Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.
Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.

Ein rechtswidriger Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb liegt nicht vor. Die Negativbewertung ist durch das Recht des Beklagten zur freien Meinungsäußerung geschätzt und überschreitet weder nach Form noch nach Inhalt die Grenzen des Erlaubten.

Das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb ist lediglich insoweit in Form eines offenen Auffangtatbestandes gegen betriebsbezogene Eingriffe geschützt, sofern eine Interessen – und Güterabwägung mit der kollidierenden Interessensphäre des anderen eine rechtswidrige Verletzung ergibt. Die Äußerung des Beklagten ist hier von dem gewichtigen Recht zur freien Meinungsäußerung gedeckt. Der Kläger weiß auch, wenn er über e-Bay Geschäfte tätigt, dass er den Beurteilungen der Kunden in der Form der Bewertungsabgabe ausgesetzt ist. Der Beklagte bringt mit seiner Beurteilung „Beschwerde: Vgl. andere Beschwerden hier! Das Erlebte passt nicht in 80 Zeichen..“ eine negative Beurteilung des Klägers zum Ausdruck. Hintergrund waren Meinungsverschiedenheiten über die Art des geschuldeten Kaufgegenstandes und die vom Kläger gewählte Art der Beschreibung. Der Kläger hat eine freilauffähige OEM-Version geliefert. Bei einigen Kunden, die Beschwerden in die Beurteilungen eingestellt hatten, war aufgrund der Artikelbeschreibung der Eindruck des Kaufs einer Vollversion entstanden. Nach der aus Sicht des Beklagten erfolglos geführten Korrespondenz nahm er in seiner Beurteilung auf diese Beschwerden von anderen Kunden, Bezug. Eine derartige Meinungsäußerung ist durchaus zulässig und zwar unabhängig von der zivilrechtlichen Frage, ob der Kläger als Kaufgegenstand das geliefert hat, was er dort angeboten hat.

Der Beklagte überschreitet auch dadurch, dass er seinen Kritikpunkt nicht ausdrücklich nennt, sondern äußert „Das Erlebte passt nicht in 80 Zeichen“, nicht die Grenzen einer zulässigen sachbezogenen Kritik. Er nimmt Bezug auf die anderen Beschwerden, so dass der Inhalt der Auseinandersetzung deutlich ist. Der Inhalt der Vorkorrespondenz kann im einzelnen nicht in eine Bewertung von 80 Zeichen eingestellt werden.

Der Kläger als Verkäufer hat im übrigen auch die Möglichkeit zu einer Antwort, die er auch genutzt hat.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Gezeichnet: Meinecke-König

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